Was wird bei der Abstinenzkontrolle getestet? – Alles, was du wissen musst

Veröffentlicht am 14. Oktober 2025 um 19:27

Wer eine MPU bevorsteht, kommt an einem Thema kaum vorbei: Abstinenznachweise. Doch was wird da eigentlich genau getestet? Und stimmt es, dass ein Labor bei einer Drogen-Abstinenz auch Alkohol mitprüft – oder umgekehrt?
Hier kommt die ehrliche, praxisnahe Antwort.

1. Warum Abstinenznachweise überhaupt nötig sind

Abstinenznachweise sollen belegen, dass du über einen längeren Zeitraum keine Drogen oder keinen Alkohol konsumiert hast.
Sie sind kein Selbstzweck, sondern dienen der Beurteilung deiner Verhaltensänderung.
Das Gutachten will sehen, dass du dein Konsumverhalten dauerhaft und stabil verändert hast – nicht nur ein paar Wochen „nichts genommen“ hast.


2. Welche Arten der Abstinenzkontrolle gibt es?

Grundsätzlich unterscheidet man zwei anerkannte Verfahren:

a) Urin-Screening

  • Meist 4 bis 6 Termine über 6 oder 12 Monate

  • Die Termine sind unangekündigt, du hast also keine Chance, „vorzubereiten“

  • Die Abgabe erfolgt unter Sichtkontrolle

  • Es wird im Labor auf bestimmte Substanzgruppen getestet (z. B. THC, Kokain, Amphetamine, Benzodiazepine, Opiate, Methadon, Alkoholmarker)

Vorteil: Günstiger, schnellere Auswertung
Nachteil: Du musst flexibel sein und kurzfristig erscheinen

Ideal für:
Personen mit regelmäßigem Tagesablauf, die in der Nähe des Labors wohnen und zuverlässig erreichbar sind.


b) Haaranalyse

  • Es wird eine Haarprobe (3 cm pro Nachweiszeitraum) entnommen

  • Maximal 6 cm können rückwirkend getestet werden

  • Das Labor weist Substanzmetaboliten (Abbauprodukte) im Haar nach

  • Termine sind planbar (keine Überraschungsanrufe)

  • Kein "Spontantest", sondern dokumentierte Probenahme mit Ausweiskontrolle

Vorteil: Deutlich weniger Termine, einfacher im Alltag
Nachteil: Nicht für alle Substanzen gleich zuverlässig (insbesondere bei sehr feinem oder behandeltem Haar)

Ideal für:
Berufstätige oder Selbstständige, die wenig Zeit haben oder häufig unterwegs sind.


3. Was genau wird getestet?

Das hängt vom Ziel der Abstinenz ab – Alkohol oder Drogen.

Drogen-Abstinenzprogramm

Es wird getestet auf:

  • THC (Cannabis)

  • Amphetamine (Speed, Ecstasy)

  • Kokain

  • Opiate (Heroin, Morphin, Codein)

  • Methadon

  • Benzodiazepine (z. B. Diazepam, Tavor)

  • ggf. neue psychoaktive Substanzen (NPS)

Alkohol-Abstinenzprogramm

Hier wird nicht auf Alkohol im klassischen Sinn getestet (den findet man nach Stunden nicht mehr), sondern auf Langzeitmarker:

  • EtG (Ethylglucuronid) im Urin oder Haar
    → entsteht beim Abbau von Alkohol und bleibt wochen- bis monatelang nachweisbar


4. Kann das Labor bei einem Drogenprogramm auch Alkohol prüfen – oder umgekehrt?

Nein – nicht automatisch.
Das Labor prüft nur das, was du beauftragst.
Wenn du z. B. ein „Drogen-Abstinenzprogramm“ abgeschlossen hast, wird nur auf Drogen getestet – kein EtG-Nachweis für Alkohol.

Willst du beides abgedeckt haben, musst du ein kombiniertes Programm buchen (z. B. „Alkohol + Drogen 12 Monate“).
Das ist meist teurer, aber oft sinnvoll – besonders, wenn unklar ist, welche Fragestellung die Führerscheinstelle anordnet.


5. Die größten Mythen rund um Haaranalysen – und was wirklich stimmt

 

MythosRealität„Ich kann Alkohol oder Drogen auswaschen.“Falsch. Moderne Labore erkennen Manipulationsversuche. Haarwaschprogramme, Entfärbungen oder Reinigungen werden dokumentiert und chemisch geprüft.„Wenn ich Glatze habe, geht keine Haaranalyse.“Teilweise richtig. Dann wird meist ein Urin-Screening durchgeführt. Körperhaare sind nur bedingt nutzbar, weil sie ungleichmäßig wachsen.„Meine Blondierung zerstört alle Spuren.“Nicht zuverlässig. Manche Drogenmetaboliten überleben selbst aggressive Behandlungen. Außerdem erkennt das Labor, wenn Haar chemisch behandelt wurde – und kann den Nachweis ablehnen.„Man kann die Haarprobe einer anderen Person abgeben.“Unmöglich. Probenahme erfolgt unter Sicht und mit Identitätskontrolle (Ausweis, Unterschrift, ggf. Foto).„Ich schneide mir vorher einfach die Haare kürzer.“Dann kann kein rückwirkender Nachweis erfolgen – aber das wird als Lücke gewertet. Der Abstinenzzeitraum gilt dann nicht vollständig als belegt.

 

Kurz gesagt:
Man kann keine Haaranalyse austricksen.
Labore erkennen jede Manipulation – und ein unbrauchbares Ergebnis zählt nicht als Abstinenznachweis.


6. Wie lange muss man Abstinenz nachweisen?

Das hängt vom Fall ab:

 

KonsumverhaltenEmpfohlene NachweisdauerEinmaliger oder experimenteller Drogenkonsum6 MonateRegelmäßiger oder längerfristiger Drogenkonsum12 MonateAlkoholabhängigkeit oder schwerer Missbrauch12 MonateAuffälligkeit ohne Suchtverdacht, aber mit Risiko (z. B. Fahren mit 1,6 ‰)6–12 Monate, je nach Gutachterempfehlung

 


7. Wo kann man eine anerkannte Abstinenzkontrolle machen?

Nur bei akkreditierten Laboren mit DIN ISO/IEC 17025-Zertifizierung oder bei Anbietern mit Kooperation zu solchen Laboren.
Beispiele: TÜV, PIMA, AVUS, MVZ-Labore oder medizinisch-psychologische Institute.

Wichtig:
Abstinenznachweise vom Hausarzt, Arbeitgeber oder selbst eingeschickte Urinproben sind nicht verwertbar.


8. Mein Tipp aus der Praxis

Wenn du unsicher bist, ob du Alkohol-, Drogen- oder Kombinationsnachweise brauchst, lass vorher eine fachliche Einschätzung machen – zum Beispiel im Rahmen einer MPU-Beratung.
Das spart dir Geld, Zeit und Nerven, weil du dann gezielt das richtige Programm beginnst.


Fazit

  • Drogen- und Alkohol-Abstinenzen sind getrennte Nachweisprogramme

  • Labore testen nur auf das, was beauftragt wurde

  • Haaranalysen sind sicher – aber nicht manipulierbar

  • Die richtige Wahl des Programms hängt von deinem Einzelfall ab

  • Und: Früh anfangen lohnt sich – denn ohne gültigen Nachweis wird die MPU meist gar nicht erst positiv bewertet


Autor:
Sascha Vierrether
Psychologischer Berater & Verkehrstherapeut

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