
Die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU), umgangssprachlich auch „Idiotentest“ genannt, ist für viele Betroffene ein Buch mit sieben Siegeln. Besonders verwirrend ist oft die Frage: Muss ich überhaupt Abstinenznachweise erbringen – und wenn ja, wie lange? Die Antwort darauf ist nicht pauschal – denn tatsächlich gibt es klare Kriterien, aber auch individuellen Ermessensspielraum. Doch wer entscheidet das eigentlich?
Die Schlüsselrolle der Führerscheinstelle
Zunächst einmal ist die Führerscheinstelle (also die Fahrerlaubnisbehörde) die Institution, die darüber entscheidet, ob eine MPU überhaupt erforderlich ist – und in welchem Zusammenhang. Bei Anordnung der MPU gibt sie jedoch nicht konkret vor, ob und wie lange Abstinenznachweise nötig sind. Sie überlässt diese Einschätzung der zuständigen MPU-Begutachtungsstelle – also dem medizinisch-psychologischen Gutachter.
Das bedeutet: Ob eine Abstinenz notwendig ist, hängt nicht von einem festen Behördenbeschluss ab, sondern vom jeweiligen Fall und der Einschätzung der Gutachter. Und hier beginnt das Spannungsfeld.
Wann ist eine Abstinenz erforderlich?
Die Notwendigkeit von Abstinenznachweisen richtet sich vor allem nach zwei Faktoren:
-
Art und Umfang des Konsums
-
Verkehrsrechtliches Delikt
Einige typische Beispiele:
1. Alkohol am Steuer
-
Ersttäter mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) unter 1,6 Promille: In vielen Fällen reicht ein kontrollierter Umgang mit Alkohol. Eine Abstinenz ist nicht zwingend erforderlich, kann aber in bestimmten Konstellationen dennoch empfohlen werden.
-
Wiederholte Alkoholdelikte oder BAK über 1,6 Promille: Hier wird meist eine mindestens 12-monatige Abstinenz verlangt – und auch durch entsprechende Nachweise überprüft.
2. Drogen am Steuer
-
Cannabis-Erstkonsum ohne klare Abhängigkeit: Hier kann unter Umständen der Nachweis von Drogenabstinenz für 6 Monate ausreichen – abhängig vom Nutzungsverhalten.
-
Mehrfachkonsum, Mischkonsum oder harte Drogen: In diesen Fällen ist eine Abstinenzzeit von mindestens 12 Monaten Standard, oft auch länger.
Wer beurteilt das im Detail? – Die MPU-Gutachter
Die entscheidende Instanz für die konkrete Einschätzung ist der/die MPU-Gutachter:in, z. B. bei einem Institut wie der PIMA, TÜV, AVUS oder DEKRA. Diese Fachleute werten aus:
-
Polizeiberichte
-
Führerscheinakte
-
Medizinische Vorgeschichte
-
Eventuell bereits eingereichte Nachweise (z. B. Haaranalysen oder Urin-Screenings)
Daraus ergibt sich ein Gesamtbild, auf dessen Basis beurteilt wird, ob eine Abstinenz notwendig ist oder ein kontrollierter Konsum ausreichend wäre.
Wichtig: Die Gutachter:innen halten sich dabei an die Vorgaben der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, die bundesweit einheitlich geregelt sind. Diese Leitlinien geben Rahmenbedingungen vor, lassen jedoch Raum für individuelle Einschätzungen.
Kann man das vorab klären? Ja – mit einer Verkehrspsychologischen Beratung
Wer unsicher ist, ob Abstinenznachweise nötig sind, sollte sich frühzeitig professionelle Unterstützung holen – zum Beispiel durch eine verkehrspsychologische Beratung. Hier kann eine erste Einschätzung vorgenommen und ein klarer Fahrplan entwickelt werden: Brauche ich eine Abstinenz? Wie lange? Und wie beweise ich sie korrekt?
Denn eines ist klar: Wer ohne Abstinenznachweise zur MPU erscheint, obwohl diese erforderlich gewesen wären, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit durchfallen – nicht weil der Wille fehlt, sondern weil die formalen Kriterien nicht erfüllt wurden.
Fazit: Die Entscheidung liegt im Detail
Ob du eine Abstinenz brauchst oder nicht, entscheidet nicht pauschal die Führerscheinstelle, sondern ergibt sich aus einer fachlichen Beurteilung durch die MPU-Gutachter auf Basis deiner individuellen Vorgeschichte und der aktuellen medizinisch-psychologischen Standards.
Deshalb ist es so wichtig, sich rechtzeitig beraten zu lassen, um Zeit, Geld und Nerven zu sparen – und die MPU mit einer klaren Strategie zu bestehen.
Kommentar hinzufügen
Kommentare